Mein Film des Monats: The Return of Dracula (Draculas Blutnacht)

USA 1958 – Regie: Paul Landres – Darsteller: Francis Lederer, Norma Eberhardt, Ray Stricklyn – FSK 16

Ruft doch mal einige Namen guter Dracula Darsteller in den Raum. Bela Lugosi? Aber sicher doch! Christopher Lee? Gar keine Frage! Gary Oldman? Kann man so stehen lassen! Was ist denn, wenn ich jetzt Franz Lederer, in den USA als Francis Lederer bekannt, sage? Wie? Noch nie gehört? Dann lest und schaut selbst. THE RETURN OF DRACULA, aka DRACULAS BLUTNACHT. Eine Dracula Verfilmung, die ganz anders ist, als das, was man vom Grafen gewohnt ist. Damit hat sich die US-Produktion zu meinem persönlichen Favoriten des Monats Mai gemausert.

Eröffnet zu dem gregorianischen Choral „Dies irae“, hier arrangiert durch den Komponisten Gerald Fried (RAUMSCHIFF ENTERPRISE, GILLIGANS INSEL, WEGE ZUM RUHM), wirft uns die Handlung von DRACULAS BLUTNACHT, in Deutschland auch unter dem Verwertungstitel DIE RÜCKKEHR DES DRACULA erschienen, in das amerikanische Vorstadtidyll der späten 1950er Jahre. Unter Regie von Paul Landres (BONANZA, DAKTARI, FLIPPER) nach einem Drehbuch von Pat Fielder (ALARM FÜR SPERRZONE 7, IMMER BEI ANBRUCH DER NACHT) durch United Artists produziert, leiht sich der hier vorliegende B-Film grundlegende Kernelemente der Romanvorlage. Erst 2009 wurde der Film in Deutschland veröffentlicht und dürfte damit einem großen Teil des (nicht ganz so nerdigen) Publikums unbekannt sein.

Für die Hauptrolle gewann man den tschechoslowakisch-österreichischen Darsteller Franz „Francis“ Lederer (DIE GROßE SEHNSUCHT, ENTHÜLLUNG UM MITTERNACHT). Lederer konnte internationale Erfolge im Filmgeschäft feiern, auch in Deutschland wirkte er in vielen Produktionen mit. Ihm zur Seite stehen Norma Eberhardt (EIN KÄFIG VOLLER HELDEN, POLIZEIBERICHT), die in ihrer kurzen Karriere eher in kleinen Nebenrollen besetzt wurde und Ray Stricklyn (DIE PLÜNDERER, EIN MANN IN DEN BESTEN JAHREN), der im Laufe seiner schauspielerischen Tätigkeiten für zwei Golden Globes in der Kategorie „Bester Nachwuchs-/Nebendarsteller“ nominiert wurde.

Graf Dracula (Francis Lederer), der berühmt-berüchtigte Vampir, kann sich nicht länger vor seinen Jägern verstecken und muss fluchtartig seine Heimat verlassen. Zur selben Zeit zieht es den Künstler Bellac Gordal (Norbert Schiller) zu seinen entfernten Verwandten in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort will er endlich frei arbeiten und seine Kunst verwirklichen können. Im Zug treffen die beiden Heimatflüchtlinge aufeinander. Dracula sieht seine Chance gekommen. Er tötet den freundlichen Herren und nimmt seine Identität an. Im kalifornischen Carleton wird er mit offenen Armen empfangen. Bellacs Familie merkt nichts von dem Rollentausch, da sie den rumänischen Onkel seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben. Draculas Ziel ist klar. Er hat es auf die hübsche Rachel (Norma Eberhardt) abgesehen. Da hat er die Rechnung ohne ihren Lebensgefährten Tim (Ray Stricklyn) und den Vampirjäger (John Wengraf) gemacht, die ihm bereits auf den Fersen sind. Doch bis die Parteien aufeinandertreffen, hat der Graf noch genug Zeit, seinen Blutdurst zu stillen.

Eine Dracula Darstellung steht und fällt mit der Besetzung. Der Graf muss charmant und bedrohlich zur selben Zeit sein. Das schafft Francis Lederer ohne Probleme. Das ist zum einen dem Skript geschuldet, das seinen Fokus stark auf Dracula legt, zum anderen der Interpretation Lederers, wie er diesen Charakter gespielt hat. Bei ihm passiert viel durch Mimik und Sprache. Ein sehr wortgewandter Herr. Er schafft es seinem Umfeld das Gefühl zu geben, er sei eben ein charmanter Sonderling, um im nächsten Moment dämonisch grinsend seine wahren Absichten, rein durch Mimik, zu offenbaren. Unterschwellig schwingt eine latente Bedrohung mit. Inspirationen durch Lugosis Darstellung im Universal Klassiker DRACULA sind zu bemerken, werden von Lederer jedoch nicht schamlos kopiert.

Norma Eberhardt spielt die Faszination für den Grafen überzeugend, gerade in den Momenten, in denen sie unter seinem Bann steht. Eine Mischung aus junger Unschuld, fanatischer Faszination bezogen auf den Grafen und tief empfundener Liebe zu ihrem Freund, die aber nicht ganz ohne Konflikte abläuft. Denn ihr Lebensgefährte riecht den Braten natürlich, auch wenn er nicht klar definieren kann, was hier genau vor sich geht. Sie wirken als Paar überzeugend und füllen ihre Rollen gut aus. Sehr gut wurde mit Virginia Vincent der Part der Jennie besetzt. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, sie dient als erstes Opfer und gleichzeitig Vampirbraut des Grafen. Eine Figur, die klar an Lucy Westenraa angelehnt ist. Ihr Schicksal scheint besonders tragisch und makaber. Sie ist krank und blind. Ein Umstand, den der Vampir für sich zu nutzen weiß, um sich an ihr sättigen zu dürfen. Der restliche Cast steht dem in nichts nach. Lobend seien an dieser Stelle noch John Wengraf als Vampirjäger Merriman und Gage Clarke in der Rolle des Reverend Whitfield erwähnt, deren Beteiligung im Film zwar recht klein, dennoch nicht unwichtig für die Geschichte ist.

Womit wir beim Knackpunkt der RETURN OF DRACULA wären. Die erzählte Geschichte gibt ein wenig Anlass zur Kritik. Man hat hier keine Experimente gewagt. Die knapp 74 Minuten, in denen der Blutsauger sein Unwesen in Kalifornien treibt, sind mit einer Geschichte von der Horror-Stange bedient worden. Dracula flüchtet vor seinen Jägern – er draculiert hier und da ein wenig – die Jäger finden ihn – ein Pflock hier, ein netter und derber Effekt im Finale – Ende. Das ist wirklich dünn. Wirkliche Nebenhandlungen findet man nicht. Dabei hätten einige der Protagonisten eindeutig das Potenzial dazu gehabt. Viel zu wenig erfährt man über Jennie, noch weniger über Merriman. Sie dienen lediglich dazu, die Handlung an gewissen Punkten voranzutreiben. Dabei hätten gerade diese Beiden dem Film noch einmal spannende 15 – 20 Minuten an zusätzlichem Material verleihen können. Im Grunde wird hier die normale Dracula Story abgefrühstückt, verpackt in eine frische und moderne Umgebung.

Irgendwie hat sie ja schon etwas, die kalifornische Vorstadt. Familien mit weißem Lattenzaun vor dem begrünten Garten, einem beschaulichen Häuschen und netten Nachbarn. Da funktioniert der Film wunderbar. Der Graf wirkt wie ein Eindringling, der diese freundliche Welt zu einem Ort des Grauens macht. Zwar merkt man, dass wenig Geld für Sets und Spezialeffekte zur Verfügung stand, doch macht THE RETURN OF DRACULA hier wieder eine Sache goldrichtig. Der größte Teil der Handlung spielt im Haus der Famile und in dem Pflegeheim, in dem Rachel ehrenamtlich aushilft. So fällt es z.B. kaum auf, dass die letzte Ruhestätte Jennies sehr spartanisch ausgestattet ist. Das Versteck Draculas, eine alte Mine, ist eine nette Idee und ein Vorbote dessen, was den Zuschauer über die Laufzeit erwartet. Doch wirkt sie weniger furchteinflößend als vielleicht gedacht. Hier und dort wabert mal etwas Nebel aus der Studiomaschine durch die Gegend, das war es dann auch schon.

Schön hingegen ist die Berücksichtigung der Fähigkeiten, die ein Vampir mit sich zu bringen hat. So verwandelt sich der Graf zum Beispiel in verschiedene Tiere. Diese Fertigkeit nutzt er an einer Stelle für einen kompromisslosen Mord. Dieser ist nicht ausufernd grafisch, erreicht seine Härte (gemessen an der damaligen Zeit) aber dadurch, dass diese Sequenz relativ lang ist und man voll mit der Kamera draufhält. An einer anderen Stelle wird eine kurze Sequenz in Farbe eingespielt, die ihre Wirkung absolut nicht verfehlt. Ein toller Kniff der Macher. Ein Spiegelbild hat er natürlich auch nicht. Dieser Effekt wird, wie sollte es anders sein, zur Enttarnung des Blutsaugers genutzt.

THE RETURN OF DRACULA besticht durch tolles Schauspiel, eine düstere Atmosphäre und solide Kameraarbeit. Der Score ist stimmig und kraftvoll. Die dünne Story wird durch die kurze Laufzeit ganz gut kompensiert. Fans des Grafen, wie ich einer bin, greifen bitte ohne große Bedenken zu. Der etwas andere Vampirfilm, der sich auf die Fahne schreiben darf, aus der Vorlage Stokers etwas Frisches herausgeholt zu haben. Wenn man auf der Suche nach einer B-Perle ist und dem 50er Jahre Drive-in Schlock etwas abgewinnen kann, dann wird man definitiv seinen Spaß mit THE RETURN OF DRACULA haben.

Bild und Ton der deutschen Veröffentlichungen können erfreulicherweise überzeugen. Wahlweise in DD 2.0 (Mono), erklingen Stimmen, Musik und Umgebungsgeräusche klar und differenziert aus den Lautsprechern. Alles ist gut eingepegelt, sodass kein Element das andere übertönt. Die deutsche Synchronisation ist sehr solide, wenn auch nicht immer ganz Lippensynchron. Dafür hat man hier sehr wortgenau das englische Original übersetzt. Beides geht eben nicht. Das Bild ist erstaunlich scharf und sauber, eine leichte Körnung fällt auf. Es liegt im anamorphen 1,85:1 Format vor. Die DVD, alternativ eine der vielen Boxen, in denen der Film enthalten ist, gibt es für ca. 5 – 10 Euro im Handel. Als Secondhand Ware sogar noch günstiger.

US-Trailer:

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