Bloody Bloody Bible Camp (Sin)

USA 2011 – Regie: Vito Trabucco – Darsteller: Reggie Bannister, Tim Sullivan, Ron Jeremy – FSK 18

What the F did I just watch? Ihr wollt euren Kindern Ehrfurcht vor Gott einbläuen? Ihr wollt ihnen zeigen, mit welcher Art von Horrorfilmen wir Videothekenkinder groß geworden sind? Ihr wollt, nein, ihr MÜSST den Knaddelkönig Ron Jeremy als Jesus Christus sehen? Dann schnappt euch ein Bier, eine Tüte Popcorn und schaut euch BLOODY BLOODY BIBLE CAMP an! Sofort! Spoiler versuche ich in diesem Artikel so gut es geht zu vermeiden.

Trabucco hat sich als B-Filmer auf das Horrorgenre eingeschossen und nutzt dabei gerne den Nostalgiefaktor, der sich an „old farts“ wie uns richtet. Wir, die jedes Wochenende in die Videotheken rannten, um manch so einen B-Schlotzer mitzunehmen, unwissend, was uns erwarten würde, und dennoch mit einer Erwartungshaltung, die vor allem Spaß beim Ansehen bescheren sollte. In diese Kerbe schlägt BLOODY BLOODY BIBLE CAMP. Denn wo gibt es sie heute noch, die altehrwürdigen Summer Camp Slasher, bei denen es nur darum ging, eine Gruppe von Teenagern in kleine Stücke zu hacken? Mochten die Stories auch noch so doof sein, so haben uns Filme wie FREITAG DER 13., SLEEPAWAY CAMP und BLOODY POM POMS doch immer einen vergnüglichen Abend bereitet. Regisseur Vito Trabucco, zugleich auch für das Drehbuch verantwortlich, schickt uns mit einem Augenzwinkern und einer gewaltigen Portion Blut auf eine nostalgische Zeitreise, die zwar in allen Belangen „over the top“ daherkommt, den Spirit der 80er Jahre Metzelfilme aber perfekt einfängt. In einer der Hauptrollen sehen wir niemanden geringeren als Reggie Bannister, den Genrefreunde aus der kultigen PHANTASM (DAS BÖSE) Reihe kennen werden. Er fungierte zudem als Produzent dieses nostalgischen Killertrips.

1977 – im „Happy Happy Bible Camp“ dezimiert eine durchgedrehte Nonne, „Mary Chopper“ genannt, eine Gruppe (nicht so ganz) Bibeltreuer Jugendlicher und hinterlässt dabei eine Schneise der Verstümmelung. Sieben Jahre später macht sich Father Cummings (Reggie Bannister) mit seiner Gruppe von Teens auf den Weg, dem Camp neues Leben einzuhauchen. Seine Kirche möchte, sofern der Testlauf ein Erfolg wird, das Gelände kaufen und einen Treffpunkt für christlichen Sommerurlaub schaffen. Dass die nächste Generation von Kids keinen Deut besser ist, das zeigt sich schnell. Sex, Drogen, Alkohol – das volle Programm, das solch einen Ausflug erst interessant macht. Grund genug für Mary Chopper, diesem hemmungslosen Treiben Einhalt zu gebieten. Hätten sie doch nur auf die Rednecks gehört, die sie vor dem verfluchten Camp gewarnt hatten. Und was hat es mit der Betreuerin Millie (Ivet Covea) auf sich? Warum kehrt sie ins Camp zurück, nachdem sie den Amoklauf des Jahres 1977, damals als Besucherin des Camps, als Einzige unversehrt überstand?

Diese Frage wird natürlich im Laufe der Handlung geklärt. Auf dem Weg dorthin reißen Regisseur Trabucco so ziemlich jede schmerzhafte Wunde auf, die gläubige Christen vor Wut Gift und Galle spucken lässt. Platte Gags und Fäkalhumor sind zwar ein stabiles Standbein des hier vorliegenden Slashers, jedoch lässt sich ein kritischer Unterton gegen die Kirche nicht verleugnen. Unverblümt tritt man dahin, wo es weh tut. Sei es nun die kritische Haltung vieler Christen gegen Homosexualität, der Missbrauch durch Geistige mitsamt Vertuschung und Beschönigung, oder eben die Indoktrination religiöser Fanatiker, die so in ihrem Glauben gefangen sind, dass sie keine andere Ansicht als richtig und wichtig gelten lassen. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich zuweilen aus dem Lachen nicht mehr heraus gekommen bin, so wurde mir im nächsten Moment doch klar, dass selbst im unanständigsten Witz ein Körnchen Wahrheit versteckt liegt. Der Film schafft es tatsächlich auch noch nicht nur „doof“ zu sein, sondern zeigt auch spannende und atmosphärische Momente. Zum Beispiel dann, wenn wir Ausschnitte sehen, in denen Mary Chopper dem Zuschauer näher gebracht wird. Sie wird ganz klar als eine Figur gezeigt, die zu bemitleiden ist. Denn es gibt einen guten Grund, warum sie so verrückt ist, wie sie sich gibt. Und das ist zuweilen sehr erschreckenden Umständen zu verdanken, die dementsprechend düster gezeigt werden. Auch bei den Kills kommt Stimmung auf. Unglaublich hart und wunderschön umgesetzt. Man hat seine Hausaufgaben gemacht. Hier werden Erinnerungen an die Klassiker und die Zeit geweckt, als Practical-FX von Leuten gemacht wurden, deren Passion es war, dem Zuschauer ein Gefühl des Ekels aufzudrücken. Der gewählte Soundtrack ist zuweilen atmosphärisch, nostalgisch und eingängig und weiß zu gefallen. Mein Highlight – die Punkversion von „When the saints go marching in“ im Abspann.

Dass es sich dann doch um eine Comedy handelt, wird klar, wenn man sich die Darstellung der Protagonisten anschaut. Stereotype, wie sie in jedem Slasher vorkommen, dabei drastisch überzeichnet und mit jedem Klischee gesegnet, das der Filmgott erschaffen hat. Meine persönlichen Highlights: Brittany (Jessica Sonneborn) – attraktiv, gottesfürchtig und dumm wie Brot. Zumindest findet sie Analverkehr nach einiger Überzeugungsarbeit okay, denn Jesus wird das schon durchgehen lassen, da sie durch diese Praktik nicht klassisch entjungfert wird. Apropos Jesus – Ron Jeremy als Gottes Sohn himself. Alleine diese Rolle mit solch einem Menschen zu besetzen, das ist ein respektloser Geniestreich sondergleichen. Er spielt dabei nicht nur „Amazing Grace“ und „When the saints go marching in“ auf seiner Munharmonika, sondern erklärt auch mit jeder überzogenen Beleidigung, dass Homosexualität voll okay ist, weil der Himmel für jeden da ist. In die Fresse, heilige Kirche! Der Rest der Gruppe ist nicht minder komisch. Der fette Bibelfreak Timmy, die Gruftiemaus Jennifer, Tad, der Ladykiller, der wohl insgeheim auf Boys zu stehen scheint … Man lässt kein Klischee und kein Fettnäpfchen aus, um bei den ewig-gestrigen einen mittelschweren Schlaganfall auszulösen. Glanzleistung! Eine Glanzleistung ist auch das stimmungsvolle Setting, das die 80er Jahre perfekt einfängt. Hier wurde mit Herzblut gearbeitet und für einen Look gesorgt, der einen fast vergessen lässt, dass der Film aus dem Jahr 2011 stammt. Selbst kleinste Details erinnern an diese vergangene Zeit. Da kann sich manch große Produktion eine Scheibe davon abschneiden. Untermalt wird diese schöne Stimmung durch unzählige popkulturelle Anspielungen auf die damaligen Jahre. Beispiel gefällig? Im Opening, das in den 1970ern spielt, brüstet sich einer der Teenager damit, dass er STAR WARS gesehen hat, woraus folgender Dialog ensteht. Zitat: „I saw Star Wars.“ – „Yeah, how was it?“ – „Terrible.“ – „Oh, yeah?“ – „Yeah!“ – „Yeah, it looks lame.“ – „It’s gonna bomb!“. Fragt mich nicht, warum, aber da habe ich direkt laut lachen müssen.

Bei allem Lob, das ich für BLOODY BLOODY BIBLE CAMP übrig habe, kann ich nicht verschweigen, dass der Film ein paar eindeutige Schwächen hat. So ist die Geschichte über die mordende Nonne sehr dünn. In den knapp 87 Minuten ging es den Machern eher darum, einen Kill an den anderen zu reihen, sodass sonst nicht wirklich viel passiert. In der Folge haben die Charaktere nur eine geringe bis gar keine Tiefe, sodass man hier niemanden hat, mit dem man wirklich mitfiebern würde. Sie alle wirken mehr oder weniger unsympathisch. Der Humor dürfte auch nicht bei jedem zünden. Wem krude Fäkal- und Pussywitzchen zuwider sind, der schaltet ganz schnell wieder ab. Wer sich zudem an nur mittelmäßigen schauspielerischen Leistungen stört, der wird hier eine Menge Gründe zum Meckern finden. Von solide bis Vollkatastrophe ist alles vertreten. Großes Minus und damit mein Hauptkritikpunkt ist die deutsche Synchro. Die Sprecher sind unerträglich stümperhaft und auch die Übersetzung ist nicht wirklich gut gelungen. Viel Wortwitz ging verloren, einige Gags funktionieren einfach nicht, sodass ich nahe legen muss, die Scheibe im O-Ton zu schauen.

BLOODY BLOODY BIBLE CAMP ist purer Spaß. Allerdings gibt es nur zwei Optionen. Love it or hate it. Ich gehöre zur „Love“ Fraktion und konnte mich köstlich über die Gags und den kritischen Unterton gegen die Kirche amüsieren. Ein großes Plus ist die liebevolle Inszenierung, die vergangene Tage wieder auferstehen lässt. Die kaum vorhandene Story mag für einige Zuschauer ein Dämpfer sein. Eine Chance sollte man dem Film trotzdem geben. Interessant – es scheint sich eine Fortsetzung in Vorproduktion zu befinden. Man darf gespannt sein. Der Film ist auf DVD und BluRay über Splendid Film im Handel erschienen. Über die Qualität der deutschen VÖ kann ich leider nichts sagen. Ich besitze die UK-DVD unter dem Alternativtitel SINS. Die deutsche (zensierte) Fassung habe ich mir als VoD bei Netzkino angesehen, um mir ein Urteil über die Synchro bilden zu können.

US-Trailer:

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